Zeit zu handeln


Übersicht Zwischenruf

Wachstum entwerten!

Zwischenruf von Cordula Kropp

smallImage

Cordula Kropp vergrößern

"Wachstum" lautet das Mantra der Marktpropheten, hilfreich, um die Bereicherung der Wenigen mit den Wohlstandshoffnungen der Vielen zu kaschieren. Aber meist vergrößert Wachstum die Probleme, die es zudem räumlich auf die Nachbarn und zeitlich auf die Kinder verschiebt: Die sozialen Unterschiede vertiefen sich, die ökologischen Bedingungen verschlechtern sich, die globalen Zukunftschancen verringern sich. Der Wachstumsfetisch hat die Politik handlungsunfähig gemacht, die Wohlfahrtsstaaten zu Schuldnern des Finanzcasinos degradiert und die Bürgerinnen und Bürger als uniformierte Konsumenten vor den Karren gespannt.

Dennoch löst die Rede von "Postwachstum" jenseits der Elfenbeintürme Angst vor einer Rücknahme des Teilhabeversprechens aus: Das Wachstumsmantra hat - scheinbar unauflöslich - den gesellschaftlichen Ideenreichtum kaserniert, die gute Gesellschaft auf Wachstum verkürzt.

Deshalb ist es höchste Zeit, die Wachstumsvokabel umzuwerten und Wachstum an seinen Produkten zu messen: Wachstum der Emissionen, Wachstum der Ungleichheit, Wachstum der Kontamination von Boden, Luft und Wasser, Wachstum des Artensterbens, der hemmungslosen Gier, der Erschöpfung und der Ungerechtigkeit. Lasst uns für eine bessere Zukunft Entwicklung von Wachstum trennen: Bloßes Wachstum heißt nun Niedergang, Beschleunigung heißt schnellerer Niedergang, Mehr ist ein Synonym für soziale und ökologische Ausbeutung. Es geht um eine sozial-ökologische Erneuerung! 

Prof. Dr. Cordula Kropp ist Professorin für partizipative Innovations- und Zukunftsforschung an der Hochschule München.