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Zielverfehlung

Zwischenruf von Meinhard Miegel

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Meinhard Miegel vergrößern

Wer die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD verfolgt, kann sich kaum des Eindrucks erwehren, dass hier Männer und Frauen beieinandersitzen, die keine Prioritäten zu setzen vermögen. Alles scheint möglich: ein schnelleres Internet für die Landbevölkerung, ein Steuerbonus für Forschungsinvestitionen, Zuschüsse für Existenzgründer, Mindestrente für Geringverdiener und hunderterlei mehr, was eine Gemeinsamkeit hat: Alles kostet sehr viel Geld.

Zwar sind die Koalitionäre gewitzt genug, ihre Wunschzettelsammlung unter einen Finanzierungsvorbehalt zu stellen. Aber die entscheidende Frage ist ihnen offensichtlich aus dem Blick geraten: Verfügt Deutschland überhaupt über eine Volkswirtschaft, die imstande ist, über die bereits jetzt geschulterten Lasten hinaus noch weitere zu tragen ohne zugleich - in den Worten der Bundeskanzlerin - "mit den Grundlagen ihres eigenen Erfolgs Raubbau" zu treiben?

Die Antwort hierauf ist ein unbedingtes Nein. Ohne Raubbau an Umwelt, Ressourcen und nicht zuletzt Menschen vermag diese Wirtschaft nicht bereitzustellen, was ihr - nicht zuletzt von der Politik - abverlangt wird. Seit langem befindet sie sich außerhalb der ökologischen Tragfähigkeitsgrenzen der Erde, soll heißen: treibt sie massiven Substanzverzehr. Verantwortliche Politik muss deshalb zuvörderst diesen unsere Lebensgrundlagen gefährdenden Substanzverzehr eindämmen. Erst wenn das wirkungsvoll und nachhaltig geschehen ist, kann sie wieder daran denken, mit dem Füllhorn durch die Lande zu ziehen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dies eine krasse Zielverfehlung.

Professor Dr. Meinhard Miegel ist Vorstandsvorsitzender des Denkwerks Zukunft - Stiftung kulturelle Erneuerung