Zeit zu handeln


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The Institutions, Stupid!

Zwischenruf von Wolfgang Streeck

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Mit dem Wachstum der Geldwirtschaft - nur die „zählt" ja! - ist es nicht mehr weit her. Lawrence „Larry" Summers, Freund der Wall Street und oberster Finanzmarktderegulierer in den Clinton-Jahren, hat uns im Herbst letzten Jahres auf einen langen Winter vorbereitet: „säkulare Stagnation" mit immer neuen, immer mal wieder platzenden Blasen. Sein Antipode Krugman, von der „Keynesianischen" Fraktion, sieht das genauso - und rät zu außergewöhnlichen Maßnahmen: neue Schulden, bis die Druckerpresse heiß läuft, Inflation um jeden Preis und - Achtung! - Vorsicht bei der Bankenregulierung (!), damit, so wörtlich, auch „unverantwortliches" Borgen und Leihen den Schornstein wenigstens noch ein bisschen weiterrauchen lassen.

Was beide verschweigen ist, dass schrumpfendes Wachstum und wachsende Schulden schon seit drei Jahrzehnten parallel laufen, begleitet überdies OECD-weit von zunehmender Ungleichheit von Einkommen und Vermögen. Je weniger zur Verteilung anfällt, desto mehr behalten diejenigen für sich, die die Macht haben, ihr Einkommen selber zu bestimmen. Rattenrennen und Verteilungskampf werden umso gnadenloser, je weniger zu gewinnen und zu verteilen ist.

Wenn wir den kapitalistischen Fortschritt bremsen wollen und müssen, kann es nicht mehr in erster Linie um De-Growth oder Post-Growth gehen; für die sorgt der Kapitalismus von alleine. Was wir dagegen dringend erfinden müssen, sind Institutionen, die die säkulare Umverteilung von unten nach oben - kein Thema für „Larry" - beenden. Nur wenn dies gelänge, könnten alle, und nicht nur die oberen Ein Prozent, mit dem Ende des Wachstums leben.

Wolfgang Streeck ist Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Derzeit ist er Theodor-Heuss-Professor an der New School for Social Research (NSSR) in New York.