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Geplantes Schrumpfen?

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Zwischenruf von Christine Ax

Japan: Bis 2060 wird seine Bevölkerung auf zwei Drittel schrumpfen und 60 % der Insel werden unbewohnt sein. Das entspricht ungefähr der Bevölkerungsdichte vor dem zweiten Weltkrieg. Für ein dicht besiedeltes Land wie Japan könnte dies vielleicht ein Segen sein. Gäbe es da nicht dieses eine, kleine Problem: Keiner weiß, wie geplantes Schrumpfen heute geht.

Noch herrscht Business as usual. Japans Regierung setzt auf Wachstum. Währungsabwertungen sollen den Export ankurbeln; Mehrwertsteuererhöhungen die Deflation abwenden; Staatliche Ausgaben die Konjunktur anfachen; ans Netz gehende Kernkraft die Außenhandelsbilanz verbessern und die Olympiade 2020 das Land öffnen. Doch das einzige was wächst, ist noch immer die unvorstellbar hohe Staatsverschuldung. Sie liegt bei annähernd 240% des BIP. Bis die Krise sich zuspitzt, ist nur eine Frage der Zeit.

Die Probleme, vor denen Japan steht, sind - wenn auch nicht ganz so schnell und drastisch - die gleichen wie bei uns. Schrumpfende Bevölkerungen wird es künftig auch in weiten Teilen Europas geben. Daran ändern selbst innereuropäische Migrationsbewegungen nichts. Es sei denn, wir öffnen uns der ganzen Welt.  

Andererseits hat der demographische Wandel auch viel Gutes. Der Wohlstand kann auf weniger Köpfe verteilt werden. Weniger Konsumenten, das senkt auch den Druck auf die Ressourcen und es führt zu weniger Konkurrenz auf den Arbeitsmärkten. Weniger kann auch mehr sein.

Noch können wir die Alternativen abwägen: Öffnen wir uns denen, die hier Schutz, Sicherheit und Wohlstand suchen, um hier als Beschäftigte und Konsumenten die demografische Lücke füllen und weiter wachsen zu können? Kann eine solche Übung gelingen? Und wie? Oder akzeptieren wir einen Rückgang der Bevölkerung mit allen Risiken und Chancen?

Die aktuelle Diskussion um Pegida muss auch hierauf Antworten finden. 

Christine Ax ist Ökonomin, Philosophin, Wissenschaftlerin und Autorin. Sie forscht und schreibt in Hamburg und Wien über Fragen des nachhaltigen Wirtschaftens mit einem Schwerpunkt auf lokale Ökonomie, Handwerk und Degrowth.