Zeit zu handeln


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Nicht Alchemie im Kanzleramt, sondern verhaltens- und sozialwissenschaftliche Kenntnisse sinnvoll einsetzen!

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Zwischenruf von Lenelis Kruse

 Eine schlichte Stellenausschreibung des Kanzleramts für Referenten mit psychologischen, soziologischen, verhaltensökonomischen Kenntnissen löste im Sommer 2014  eine Flut humoriger bis bissiger Kommentare, vom  Boulevardblatt bis zur seriösen Wochenzeitung aus. „Merkel will Psycho-Trainer anheuern“, „Sofas würden aber noch nicht bestellt“. „Merkel will jetzt wirksam regieren“ - und dazu braucht man „Psychotricks“.

Da kam die  breite Rezeption der  „Nudges“ gerade recht, eines Buchs von  R. Thaler und C. Sunstein, die sich - gestützt auf zahlreiche  Forschungsergebnisse - mit den kleinen „Anschubsern“  befassen, die für „kluge Entscheidungen“ oft hilfreich sind.

Unsere Verhaltensweisen werden von (internen) Motiven, aber eben auch von externen Anregungen, Stubsern, Stolpersteinen beeinflusst, aber auch von „self-nudges“, wie dem Wecker am Morgen oder dem Foto am Kühlschrank für den Diätwilligen.     

Dass weniger daneben geht, weil die aufgemalte Fliege als Ziel im Urinal dient, ist allseits bekannt. Werden Anschubser aber für flächendeckendes Impfen oder vermehrtes Organspenden eingesetzt, wähnt man Marketing-Tricksereien, fürchtet Manipulation, Bevormundung, ja sogar „Bedrohung bürgerlicher Freiheitsrechte“.

Aber: Was ist eigentlich falsch daran, wenn Merkel jetzt wirksam regieren und „Vorhaben aus der Sicht der Bevölkerung betrachten“ will?

Nehmen wir wichtige Aufgaben der nachhaltigen Entwicklung, z.B. die Energiewende. Technologische, rechtliche und ökonomische Maßnahmen reichen da nicht aus. Notwendig sind veränderte Lebensstile, also letztlich Verhaltensänderungen. Da ist es an der Zeit fundierte Erkenntnisse der Verhaltens- und Sozialwissenschaften zu nutzen und Alltagswissen und Populärpsychologie auf ihre Plätze zu verweisen.  

Lenelis Kruse ist Professorin an der FernUniversität in Hagen und Honorarprofessorin für Ökologische Psychologie an der Universität Heidelberg