Zeit zu handeln


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Resilienz statt Effizienz

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Zwischenruf von  Michael Roos

In der Volkswirtschaftslehre ist Effizienz ein hoher Wert, oft sogar der wichtigste. Ein gegebenes Ziel soll mit möglichst geringem Ressourceneinsatz erreicht werden. Alles andere wird als zu vermeidende Verschwendung gesehen.

Das Effizienzdenken hat alle Lebensbereiche erfasst. Besonders der Staat steht unter dem Generalverdacht, Steuergelder zu verschwenden. Bürokratieabbau, Steuersenkungen und ein schlanker Staat sind wirtschaftsliberale Mantren. Das Bild des faulen Beamten symbolisiert das zu bekämpfende Übel. Wenn man sich den öffentlichen Dienst aber genau ansieht, findet man Personalknappheit in allen Bereichen: im Bildungswesen, in der Justiz, bei Polizei und Rettungsdiensten oder in der Bauverwaltung. In den meisten Fällen läuft der normale Betrieb, wenn auch mit hohem Einsatz der Beteiligten.

Probleme entstehen bei außergewöhnlichen Belastungen. Eine Grippewelle führt dann zu breitem Unterrichtsausfall, Großdemonstrationen oder besondere Sportereignisse binden viele Polizeikräfte, Großprozesse legen normale Justizverfahren lahm. Das derzeit dramatischste Beispiel ist die Überlastung der Verwaltung durch den Flüchtlingszustrom. Gerade in außergewöhnlichen Situationen wird ein handlungsfähiger öffentlicher Dienst dringend gebraucht. Effizienz, gemessen durch eine immer vollständige Personalauslastung, kann daher nicht das einzige Kriterium sein, mit dem der Staat beurteilt wird. Der Staat muss auch resilient sein, wozu er Personalreserven braucht.

Prof. Dr. Michael Roos ist Inhaber des Lehrstuhls für Makroökonomik an der Ruhr-Universität Bochum.