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Einkommensungleichheit nimmt wieder zu

Aktuellen Einkommensdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zufolge hat sich die Einkommenskluft in Deutschland wieder vergrößert. Nachdem von 2008 bis 2010 alle Haushaltsdezile Einkommenszuwächse zu verzeichnen hatten, erlitten von 2010 auf 2011 - neuester Stand - 90 Prozent der Haushalte zum Teil deutliche Einkommenseinbußen. Lediglich das wirtschaftlich stärkste Zehntel konnte seine Einkommen um real knapp ein Prozent erhöhen.

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Dass sich das wirtschaftlich stärkste Zehntel beim Einkommen wieder deutlicher von den übrigen Haushaltsdezilen absetzte, lag vor allem an der wachsenden Ungleichheit von Erwerbs- und Kapitaleinkommen.[1] Insbesondere die im stärksten Dezil überproportional vorhandenen Einkünfte aus Kapital wie Gewinnentnahmen und Dividenden nahmen deutlich zu.[2]

Während die Einkommen des wirtschaftlich stärksten Zehntels im zurückliegenden Jahrzehnt stiegen, schrumpften sie in der wirtschaftlich schwächeren Hälfte der Bevölkerung. Von 2000 bis 2011 sank in Deutschland das bedarfsgewichtete Haushaltsnettoeinkommen[3] von 50 Prozent der Bevölkerung im Durchschnitt um real vier Prozent. Ursächlich hierfür waren vor allem die Ausweitung des Niedriglohnsektors sowie die schwache Entwicklung der Alterseinkommen. Öffentliche Transfers wie Kindergeld oder Arbeitslosengeld II konnten diese Trends nur wenig abmildern.[4] Bei weiteren 20 Prozent der Haushalte erhöhte sich das Einkommen nicht oder kaum. Bei weiteren 20 Prozent stieg es um durchschnittlich knapp vier Prozent. Nur das wirtschaftlich stärkste Zehntel hatte 2011 mit 13,4 Prozent deutlich mehr zur Verfügung als 2000 (Schaubild).

Kurzfristig gibt es keine Anzeichen, dass sich dieses Entwicklungsmuster ändern wird. Möglicherweise werden in den nächsten Jahren die Nettolöhne etwas schneller als die Inflationsrate steigen. Doch dürfte dies angesichts der niedrigen Verzinsung von Sparguthaben und allenfalls geringfügiger Steigerungen der Sozialleistungen nicht ausreichen, um den Abstand zum wirtschaftlich stärksten Dezil zu verringern.

(Stand: November 2013, Stefanie Wahl)

 


[1] Grabka, M./Goebel, J. (2013), Rückgang der Einkommensungleichheit stockt, DIW-Wochenbericht 46, S. 18.
URL: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.431412.de/13-46-3.pdf.

[2] Vgl. aaO.

[3] Das bedarfsgewichtete Nettohaushaltseinkommen umfasst alle einem Haushalt zufließenden Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, Vermögen sowie privaten und staatlichen Transferleistungen abzüglich direkter Steuern und Sozialabgaben. Anschließend wird es nach dem Bedarf der Haushaltsmitglieder gewichtet, um zu berücksichtigen, dass Erwachsene einen höheren Bedarf haben als Kinder und für jede weitere Person im Haushalt ein immer geringeres zusätzliches Einkommen benötigt wird, um den Lebensstandard aufrecht zu erhalten.

[4]  Vgl. aaO., S. 15.