Zeit zu handeln


Übersicht Referenten und Diskutanten

Diego Hangartner

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Diego Hangartner, Pharm, D., ist Generalsekretär von Mind and Life International mit Sitz in Zürich, Chief Operating Officer (COO) und Programmdirektor Forschung und Internationales am Mind and Life Institute in Boulder (USA). Das Mind and Life Institute hat das Ziel, den Wissensaustausch zwischen buddhistischen Gelehrten und westlich geprägten Wissenschaftlern zu fördern. Er studierte Pharmakologie an der ETH Zürich. Er verbrachte elf Jahre in Dharamsala (Indien), wo er Tibetisch lernte und am Institut für Buddhistische Dialektik studierte. In diesen Jahren arbeitete er als Übersetzer und Dolmetscher. Nach seiner Rückkehr nach Europa (2003) organisierte er als Projektleiter und Generalsekretär zwei Besuche des Dalai Lama in der Schweiz und Hamburg. Für das Mind and Life Institute arbeitet er seit Ende der 1990er Jahre.

Statement zum Diskussionsthema

Die allmähliche Erschöpfung der Erde, viel des Lebens zu unterhalten, wie wir es heute kennen, stellt eine dringende Herausforderung, sowohl für die geistigen Traditionen als auch die Wissenschaft dar. Die geistigen Traditionen nennen ihre tiefsten erreichbaren Einsichten „Weisheit" während die moderne Wissenschaft diese „Wissen" nennt. Obschon ihre Methoden und Ziele grundlegend verschieden sind, haben beide Traditionen spezifische Antworten hervorgebracht, die potenziell synergistisch sind. Wir leben in einer Zeit, in der viele Menschen und Glaubens­traditionen die Notwendigkeit erkennen, ihre einzigartigen Ressourcen einzusetzen, um der weltweiten ökologischen Krise zu begegnen und sich in einer Form des Umweltaktivismus zu engagieren, die ihrem besonderen Ausblick auf die Zukunft entsprechen. Der Buddhismus hat eine hochentwickelte Philosophie der gegensei­tigen Abhängigkeit und eine Ethik mitfühlender Verantwortung, die sich ohne weiteres für unsere Umweltprobleme einsetzen lässt. Die Crux der Katastrophe ist die mangelnde Verbindung zwischen uns Einzelmenschen in unserer täglichen Routine und die Erkenntnis, dass gerade diese Gewohnheiten den ökologischen Zusammenbruch vorantreiben.

Eine der zentralen Ideen des Buddhismus ist das Konzept des zwischen-abhängigen Entstehens (gegenseitigen Bedingens). Dies spiegelt sich auch in den Zusammenhängen zwischen individueller Wahl und planetarischer Folge, sowie durch die Querbefruchtung der Ideen und sinnvoller Aktionen zwischen Aktivisten, die innerhalb ihres eigenen geistigen Rahmens arbeiten. Allmählich wird dieses Konzept auch in den besonders feinkörnigen Ebenen der Wirkung menschlicher Tätigkeit auf die Natur erkannt, wie auch in den schädlichen ökologischen Wirkungen von allem was wir kaufen und benutzen.

Kritisch für das Verständnis derart komplexer Ideen wie die Interdependenz (gegenseitig sich bedingendes Entstehen) sind Fragen der Werte, Motivation, Glück und Quellen des Glücks, des inneren und äußeren Wohlbefindens, der Ethik, des Wissens und der Weisheit sowie der geschickten Mittel. Nur das Verständnis, Achtung, Einschluss und Anwendung dieser zentralen Konzepte des menschlichen Verhaltens werden uns befähigen, uns mit den anstehenden Herausforderungen zu befassen. Je mehr Einzelmenschen, Gruppen und Länder ihr Leben in Begriffen einer größeren, längerfristigen und einander gegenseitig bedingenden Vision sehen, desto nachhaltiger und wirkungsvoller werden ihre Aktionen sein. Kontempla­tive Traditionen wie der Buddhismus sind besonders gut geeignet, gerade diese umfassendere Vision zu verdeutlichen. Es würde ihnen die Gelegenheit bieten, eine buddhistisch-ethische Vision zu verdeutlichen - im Sinne der von Seiner Hei­ligkeit dem Dalai Lama vertretenen Idee der universalen Verantwortung - die direkt mit den Wissenschaften einklinkt und allem, was dies für das Leben auf unserer Erde bedeutet.

Ausgewählte Veröffentlichungen

Hirnforschung: Wie der Geist den Körper beeinflusst. In: Tibet und Buddhismus, Heft 80 (2007)

Shantideva: Anleitungen aus dem Weg zur Glückseligkeit. Bodhicaryavantara. Barth O.W., München (herausgegeben und übersetzt von Diego Hangartner) (2005)

Ausgewählte Zitate

"In den letzten 25 Jahren haben sich westliche Wis­senschaft und die östliche spirituelle Tradition angenähert. Die beiden unterschiedlichen Erkenntnis­ströme scheinen in einen größeren Strom zu münden, der angetrieben wird von der menschlichen Sehnsucht nach Erkenntnis und Glück: "Was bedeutet es,  Mensch zu sein? Wie erreichen wir Gesundheit und Wohlergehen? Wer sind wir?"
In: Tibet und Buddhismus, Heft 80, 2007

"Auf meiner Suche nach einer authentischeren Version des Buddhismus bin ich mit dem tibetischen Buddhismus in Kontakt gekommen - vor allem mit Seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama. Mir fiel auf, dass er nicht nur von etwas sprach, sondern dieses auch lebte. Und diesen mich faszinierenden Zusammenhang wollte ich näher kennen lernen."
Interview: Wrage online, 2007