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Hohes Einkommen = hoher Naturverbrauch:
Der wirtschaftliche Status bestimmt das Umweltverhalten von Menschen

Wie Studien aus Kanada zeigen, hängt der Ressourcen- und Naturverbrauch eines Menschen maßgeblich von seinem individuellen Einkommen ab.[i] Je höher dieses ist, desto größer ist der ökologische Fußabdruck, den eine Person hinterlässt.

Der ökologische Fußabdruck misst die biologisch produktive Land- und Wasserfläche, die ein Mensch für die Aufrechterhaltung seines materiellen Lebensstandards beansprucht. Wie Schaubild 1 zeigt, beträgt dieser beim wirtschaftlich stärksten Zehntel der Kanadier durchschnittlich 12,4 globale Hektar (gha).[ii] Beim wirtschaftlich schwächsten Zehntels sind es hingegen nur 5,0 gha. Folglich übersteigt der Ressourcen- und Naturverbrauch der wirtschaftlich Starken den der wirtschaftlich Schwachen um das Zweieinhalbfache.

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Ursächlich hierfür ist, dass Menschen mit höheren Einkommen in der Regel in größeren Häusern und Wohnungen leben sowie mehr Güter und Dienste konsumieren. Wie Schaubild 2 zeigt, ist der wohnungsbezogene ökologische Fußabdruck des wirtschaftlich stärksten Zehntels der kanadischen Bevölkerung im Durchschnitt mehr als doppelt so hoch wie der des wirtschaftlich schwächsten Zehntels. Der durch den Konsum von Gütern und Diensten verursachte ökologische Fußabdruck ist sogar mehr als dreimal so hoch. Bei der Ernährung gibt es hingegen so gut wie keine Unterschiede.

Der stärkste Zusammenhang zwischen Einkommen und Ressourcenverbrauch besteht jedoch beim Mobilitätsverhalten. Da Einkommensstarke in der Regel größere Autos fahren, häufiger fliegen und insgesamt öfter verreisen, verursachen sie einen mobilitätsbezogenen ökologischen Fußabdruck, der achtmal so hoch ist wie der einkommensschwacher Menschen.

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Um in den früh industrialisierten Ländern den Ressourcen- und Naturverbrauch spürbar und dauerhaft zu senken, müssen deshalb vor allem einkommensstarke Bevölkerungsschichten ihr Verhalten grundlegend ändern. Allerdings haben hier auch die Einkommensschwachen einen ökologischen Fußabdruck, der im weltweiten Vergleich hoch und ökologisch nicht nachhaltig ist.

So verbrauchen in Kanada die wirtschaftlich Schwächsten mit 5,0 gha fast doppelt so viele Ressourcen wie ein durchschnittlicher Erdenbürger mit 2,7 gha. Die ökologische Tragfähigkeitsgrenze von 1,8 gha pro Kopf - bis zu der die Entnahme von Ressourcen und die Befrachtung der Umwelt mit Schadstoffen ökologisch unbedenklich ist - überschreiten sie um das Zweieinhalbfache. Folglich müssen in den früh industrialisierten Ländern künftig auch Menschen mit geringen Einkommen wesentlich ressourcenschonender leben als bisher.

(Stand: 26. April 2012, Martin Schulte)

 


[i]     Hugh Mackenzie, Hans Messinger, Rick Smith (2008), Size Matters: Canada's Ecological Footprint, By Income, Canadian Centre for Policy Alternatives, June 2008, Toronto, Ontario. ULR: http://www.policyalternatives.ca/sites/default/files/uploads/publications/National_Office_Pubs/2008/Size_Matters_Canadas_Ecological_Footprint_By_Income.pdf

[ii]    Der ökologische Fußabdruck wird in „globalen Hektar (gha)" ausgewiesen. Ein globaler Hektar entspricht einem Hektar mit einer biologischen Produktivität, die dem weltweiten Durchschnitt entspricht. Durch die Normierung auf diesen Durchschnittswert können technisch oder klimatisch bedingte regionale Produktivitätsunterschiede abgebildet werden. So ist ein Hektar Ackerland in Deutschland 2,3 gha „groß". Ein Hektar Ackerland in Sambia misst hingegen nur 0,5 gha. Durch technologisch-organisatorischen Fortschritt kann die Bioproduktivität je Hektar - und damit ihre Größe in globalen Hektar - gesteigert werden.