Zeit zu handeln


Übersicht 4-Referenten-Diskutanten

Thomas Pogge

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Thomas Pogge ist Leitner Professor für Philosophie und internationale Angelegenheiten sowie Gründungsdirektor des Programms für globale Gerechtigkeit an der Yale Universität, Forschungsdirektor am Centre for the Study of Mind in Nature an der Universität Oslo sowie Teilzeitprofessor am Kings College London und der Universität von Central Lancashire. Er ediert den Bereich soziale und politische Philosophie der Stanford Encyclopedia of Philosophy und ist Mitglied der Norwegischen Akademie der Wissenschaften.

Kurzstatement

Im Dezember 2015 haben die Vertreter aller Nationen offiziell anerkannt, dass die durch menschliche Aktivitäten verursachte Erderwärmung auf 1.5 Grad Celsius begrenzt werden muss. Wir wissen, dass dazu eine dramatische Energiewende erforderlich ist. Aber die von den verschiedenen Staaten versprochenen Reformen sind nicht annähernd hinreichend, um die Erderwärmung auch nur auf 2 Grad Celsius zu begrenzen (wozu Treibhausgasemissionen ab sofort um jährlich 5% gesenkt werden müssten).

Wenn die Menschheit ihre erkannte Pflicht doch noch erfüllen soll, dann müssen wir drei Probleme verstehen und lösen. Erstens ein Koordinationsproblem. Jeder Akteur entscheidet über seine eigenen emissionsträchtigen Aktivitäten in dem Bewusstsein, dass ihm der gesamte Nutzen aber nur ein winziger Bruchteil des Schadens derselben zuwachsen wird.

Zweitens ein Problem ökonomischer Ungleichheit. Die Emissionen der Menschheit werden im Wesentlichen von ihren reicheren, politisch einflussreichsten Akteuren bestimmt. Solche wirkmächtigen Akteure sind jedoch ebenfalls am besten in der Lage, sich den negativen Auswirkungen überhöhter Emissionen zu entziehen.

Drittens ein intertemporales Problem. Der Nutzen aus emissionsträchtigen Aktivitäten fällt sofort oder in naher Zukunft an, der Schaden wird weitgehend zukünftigen Generationen auferlegt. Wer will, dass die Menschheit trotz dieser schwerwiegenden Probleme ihrer Verantwortung für unsere Erde gerecht wird, der sollte über vier Fragen nachdenken:

1. Wie können wir den politischen Einfluss der vom Klimawandel besonders bedrohten ärmeren Hälfte der Menschheit verstärken?

2. Wie können wir bei den wirkmächtigeren Akteuren die Diskrepanz zwischen moralischen und Klugheitsanreizen verringern?

3. Wie können wir unsere Politiker moralisieren, so dass sie Moral nicht nur als Mittel zur Imagepflege oder als Waffe in politischen Debatten einsetzen, sondern genuin in ihr politisches Handeln integrieren?

4. Wie können wir unsere Mitbürger dazu inspirieren, dass sie nicht nur ihre Interessen, sondern auch ihre Pflichten von ihren Politikern vertreten sehen wollen?

Ausgewählte Veröffentlichungen

Weltarmut und Menschenrechte: Kosmopolitische Verantwortung und Reformen, Berlin (2011)

Politics as Usual: What Lies behind the Pro-Poor Rhetoric?, Cambridge (2010)