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Wer so lebt, muss auf Flüchtlinge hoffen

Beitrag von Meinhard Miegel für die IHK Region Stuttgart – September 2015

Der Flüchtlingsstrom, der sich derzeit nach Deutschland und die EU ergießt, hat nicht nur eine humanitäre Dimension. Insbesondere Vertreter von Politik und Wirtschaft erkennen an ihm auch weitere lichte Seiten. Da ist zum einen die Hoffnung, von ihm könne ein moderater konjunktureller Schub ausgehen und zum anderen die Erwartung, er könne den immer manifesteren Arbeitskräftemangel lindern.

Wie begründet das ist, wird die Zukunft zeigen. Schon heute offenbart diese Erwartung jedoch, in welche überaus heikle Lage Deutschland geraten ist: Eines der reichsten Länder der Welt baut darauf, dass die enormen Bevölkerungslücken, die es in Jahrzehnten selbst gerissen hat, durch die Jugend anderer Länder zumindest notdürftig geflickt werden. Denn die eigene Bevölkerung ersetzt sich seit nunmehr fast einem halben Jahrhundert nur noch zu zwei Dritteln in der Zahl ihrer Nachkommen.

Anders gewendet: Seit fast einem halben Jahrhundert unterlässt dieses Land riesige Milliardeninvestitionen in das wichtigste Gut, das es überhaupt gibt: in die eigene Bevölkerung. Nicht, dass die Kinder hierzulande kurz gehalten würden. Bei ihrer Versorgung nimmt Deutschland einen Spitzenplatz ein. Doch viele werden erst gar nicht geboren, nicht zuletzt deshalb, weil ihre (potentiellen) Eltern die finanzielle Belastung scheuen.

Das würde keine Probleme aufwerfen, wenn sich parallel zu diesem Verhalten Wirtschaft und Gesellschaft auf eine zahlenmäßig schrumpfende und stark alternde Bevölkerung einstellten. Möglich wäre das durchaus. Doch einerseits nach der Maxime zu leben: forever young und andererseits nur wenige Kinder zu haben - diese Gleichung kann nicht aufgehen. Wer so lebt, muss auf Flüchtlinge hoffen, die sich möglichst schnell und reibungslos in die eigene Gesellschaft einbringen.

Quelle: IHK Region Stuttgart