Zeit zu handeln


Übersicht Referenten-Diskutanten

Petra Gerlach-Kristen

smallImage

 vergrößern

Petra Gerlach-Kristen (geboren 1975) ist seit 2011 Forschungsprofessorin am Economic and Social Research Institute (ESRI) in Dublin, Irland. Bis 1998 studierte sie Volkswirtschaftslehre an der Universität Basel und promovierte dort 2002 mit einer Arbeit zu "The interest-rate setting behavior of central banks". 2006 habilitierte sie sich im Fach Volkswirtschaftslehre. Von 2005 bis 2009 lehrte sie neben ihrer Forschungstätigkeit bei der Schweizerischen Nationalbank an der Universität Basel. 2009 wechselte sie zur Bank for International Settlements. Am ESRI arbeitet sie vor allem über den Einfluss von Finanzsektor, Inflation und Zinsen auf die Volkswirtschaft. Sie lehrt nebenamtlich am Trinity College.

 

Kurzstatement

Geringes Wachstum geht mit niedrigen Zinsen einher. Daraus folgt:

  • Geringes Wachstum erschwert den Schuldenabbau, niedrige Zinsen hingegen helfen. Was bedeutet das für die Überwindung der Eurokrise? Welche Rolle spielen Nominal- bzw. Realzinsen? Wie beeinflussen niedrige kurzfristige Zinsen die Schuldensituation eines Landes, wie tiefe langfristige Zinsen?
  • Bei niedrigen Zinsen verliert die Geldpolitik an Spielraum. Wie wirkt sich die Nulluntergrenze der Nominalzinsen auf die Handlungsfähigkeit von Zentralbanken aus? Vergrössert dies die Rolle der Fiskalpolitik? Wie kann die Geldpolitik Spielraum zurückgewinnen?
  • Niedrige Zinsen begünstigen Banken. Inwieweit ist dies im derzeitigen europäischen Umfeld erwünscht? Wird durch niedrige Zinsen die Fristentransformation attraktiver? Werden faule Kredite fortgeschrieben, statt als Verlust abgebucht zu werden? Was bedeutet das für Investitionen und Wachstum?
  • Niedriges Wachstum und niedrige Zinsen verursachen grössere internationale Kapitalströme. Für Anleger machen Investitionen in schneller wachsenden Schwellenländern Sinn, aber was bedeutet das für diese Länder? Löst das Suchen nach Ertrag Wechselkursschwankungen aus? Erhöht es die Volatilität der Weltwirtschaft als Ganzes?

Ausgewählte Veröffentlichungen

Currency intervention and the global portfolio balance effect: Japanese lessons, BIS Working Papers, Nr. 389, Basel (mit Robert McCauley/Kazuo Ueda) (2012)

Managing inflation expectations in the aftermath of the Great Recession, BIS Quarterly Review (mit Peter Hördahl/Richhild Moessner) (2011)

Macroeconomic and interest rate volatility under alternative monetary operating procedures, BIS Working Papers, Nr. 319, Basel (mit Barbara Rudolf) (2010)

Ausgewählte Zitate

„Die Vergangenheit zeigt, dass tiefe geldpolitische Zinsen zu einem „Evergreening" von Krediten, also dem Fortfuehren von faulen Krediten, fuehren koennen. Waehrend der langen Tiefzinsphase in den 90er Jahren in Japan erneuerten Banken die Kredite von Kunden, die sich die Zinsen von praktisch Null zwar leisten konnten, nicht aber die Rueckzahlung der Kreditsumme. Die Banken vermieden es so, die faulen Kredite abzuschreiben und bewahrten dadurch ihr Kapital [...]. Dies verzoegerte die noetige Restrukturierung und Schrumpfung der Bilanzen im Finanzsektor. Gleichzeitig fuehrte die Praesenz von unrentablen „Zombie"firmen, die nur dank Evergreening ueberlebten, wohl zu weniger Wettbewerb, geringeren Investitionen und weniger Firmengruendungen."

„Tiefe Nominalzinsen verleiten Investoren dazu, groessere Risiken einzugehen, um hoehere nominale Renditen zu erzielen. In den Jahren vor der Finanzkrise strebten viele Investoren eine Rendite an, die sie aufgrund vergangener Zahlen fuer angemessen erachteten. Ausserdem standen institutionelle Investoren wie Versicherer und Pensionsfonds unter Druck, ihren impliziten oder vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen, die sie eingegangen waren, als die nominalen Renditen hoeher waren; sie suchten diese Renditen in neuen Finanzprodukten."

in:BIS Annual Report 2010, Kapitel 3 (mit Koautoren)