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Der 1. Nationale WohlstandsIndex für Deutschland NAWI D ergänzt das BIP

Zwischenruf von Horst W. Opaschowski

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Horst W. Opaschowski vergrößern

"Wir brauchen einen echten Wohlstandskompass" schreibt Bundestagsabgeordneter Dr. Hermann E. Ott (Bündnis 90/Die Grünen) im neuesten Zwischenruf des Denkwerks Zukunft und sehnt sich nach aussagekräftigen Indikatoren, um die Fixierung auf das BIP zu relativieren. Seine konkrete Empfehlung lautet: "Wir sollten einfach die Menschen fragen". Das ist doch längst geschehen. Die Enquête-Kommission (Daniela Kolbe) und das Denkwerk Zukunft (Stefanie Wahl/Meinhard Miegel) wurden 2012 auch über die Ergebnisse informiert.

Mittlerweile liegt neben NAWI D sogar die erste Ländervergleichsstudie für die Schweiz auf repräsentativer Basis vor (NAWI CH). Die Befragungen wurden vom weltweit tätigen Ipsos-Institut durchgeführt und die Ergebnisse in Pressekonferenzen öffentlich gemacht (vgl. Opaschowski NAWI D sowie Opaschowski NAWI CH bei Google). NAWI ist die Abkürzung für "National Wealth Index" und gleicht einem Vier-Säulen-Modell:

  • Die erste Säule umfasst den ökonomischen Wohlstand: Sicher und ohne Geldsorgen leben.
  • Die zweite Säule gehört dem ökologischen Wohlstand: Naturnah und nachhaltig leben.
  • Die dritte Säule bezieht sich auf den gesellschaftlichen Wohlstand: Frei und in Frieden leben.
  • Und die vierte Säule bietet individuellen Wohlstand: Gesund und ohne Zukunftsängste leben.

Mit den vier Säulen des Nationalen WohlstandsIndex NAWI und seinen insgesamt 30 Indikatoren können das Wohlstandsverständnis und die Wohlstandswirklichkeit eines jeden Landes umfassend und ganzheitlich gemessen werden - und das präzise und teilweise punktgenau: Beispielsweise treffen die Aussagen "In Frieden mit den Mitmenschen leben" sowie "Seine Meinung frei äußern können" für jeweils 64 bzw. 61 Prozent der Deutschen und der Schweizer zu. Andererseits verstehen die Schweizer Freiheit mehr als soziale Freiheit und sind mehr als die Deutschen "für andere da" (CH: 58% - D: 50%). Der Zusammenhalt ist größer.

Resümee: Im NAWI D und NAWI CH bestimmen nicht Politiker und Experten 'von oben', was gut oder schlecht für die Bevölkerung sein soll. Die Bürger sagen selbst, was sie unter Wohlstand verstehen und wie zufrieden sie damit sind.

P.S. Umfassende Interpretationen (einschließlich Grafiken und Tabellen) finden sich in dem Buch "Deutschland 2030", das im März 2013 im Gütersloher Verlagshaus neu erscheint.

Professor Horst W. Opaschowski ist Zukunftswissenschaftler, Publizist und Berater für Wirtchaft und Politik in Hamburg. Er war wissenschaftlicher Leiter und Kuratoriumsvorsitzender der BAT Stiftung für Zukunftsfragen.