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Feste feiern

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Zwischenruf von Meinhard Miegel

Gehören Sie zu den Glücklichen, die sich des Weihnachtsfestes in Heiterkeit und Muße erfreuten und aus dem Alltag herausgehoben fühlten? Oder seufzen Sie im Blick zurück mit Goethe "Alles in der Welt lässt sich ertragen. Nur nicht eine Reihe von schönen Tagen"? Oder zählen Sie zu den Bedauernswerten, die sich wie Schiffbrüchige in den Strudeln fortwährender Anspannung und Hektik für kurze Zeit auf einer kleinen Insel wähnten?

Wie Menschen Feste feiern und erleben, verrät viel über sie selbst, aber auch die Gesellschaft, deren Teil sie sind. Können wir das überhaupt noch: Feste feiern? Oder geraten diese nicht allzu leicht zu Materialschlachten und Mobilitätsorgien? Sind sie nicht - trotz aller gegenteiligen Schwüre - nur eine Übersteigerung dessen, was wir das ganze Jahr über machen - noch mehr Konsum und noch mehr Produktion, die diesen Konsum ermöglicht?

Sind in unserer Gesellschaft Feste noch Ereignisse, die in bewusstem Gegensatz zu dem stehen, was sich davor und danach ereignet? Oder sind sie nur eine Fortsetzung dieses Treibens mit nochmals gesteigertem Mittel- und Kräfteeinsatz? Sind wir überhaupt noch willens und fähig, durch Feste Kontrapunkte zu setzen?

So lange Umsatzgrößen im Einzelhandel und die Auslastung von Hotelbetten wesentliche Kennziffern für gelungene oder misslungene Feste sind, darf hieran gezweifelt werden. Vielleicht ist die Zeit gekommen, sich Gedanken darüber zu machen, wie Feste wieder mehr sein können als hochtouriger Alltag. Denn Feste können nicht nur schön sein. Sie sind auch wichtig für das Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft. In diesem Sinne: ein frohes nächstes Fest.

Professor Dr. Meinhard Miegel ist Vorstandsvorsitzender des Denkwerks Zukunft - Stiftung kulturelle Erneuerung.