Zeit zu handeln


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Vom Kopf auf die Füße

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Meinhard Miegel vergrößern

Je länger die Debatte über den Abgasskandal bei VW anhält - und ein Skandal ist das! - desto deutlicher wird, dass dieser nicht nur dem Fehlverhalten einzelner oder einer Gruppe zuzuschreiben ist, sondern, dass er tief in der Kultur oder richtiger "Unkultur" eines Unternehmens wurzelt, die nüchtern betrachtet die Unkultur der ganzen Gesellschaft ist. Was ist geschehen? Durch technische Vorkehrungen sollten Mensch und Umwelt vor den schädlichen Folgen von Dieselverbrennung geschützt werden. In gewissem Umfang ist das möglich. Aber es kostet Geld und/oder mindert die Leistung des Automobils und/oder erhöht den Kraftstoffverbrauch, was wiederum ins Geld geht.

Wie entscheiden sich die Verantwortlichen bei VW? Sie entscheiden sich, wie sich die große Mehrheit der Bevölkerung tagtäglich millionenfach entscheidet. Ganz oben in der Werte- oder richtiger Unwerteskala steht der Preis. Das gilt für Autos, Kleidung, Nahrungsmittel und vieles andere. Hauptsache billig! Dann kommt das Produkt. Das Auto muss leistungsstark, die Kleidung modisch und chic, der Schweinebraten groß und saftig sein. Und an letzter Stelle steht, wie dieses Ergebnis zustande kommt: wenig Geld, viel Ware. Dass für dieses Ergebnis Beeinträchtigungen von Mensch und Umwelt in Kauf genommen werden, ist in dieser Wertehierarchie beinahe eine Selbstverständlichkeit. Rechtfertigt oder entschuldigt dies das Verhalten von VW? Mitnichten! Die Debatte sollte jedoch nicht auf VW beschränkt bleiben, sondern dazu beitragen, unsere Wertigkeiten vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen: Zuerst Mensch und Umwelt, dann das Produkt und am Ende der Preis. Nicht umgekehrt.

 Prof. Dr. Meinhard Miegel, Vorstandsvorsitzender Denkwerk Zukunft - Stiftung Kulturelle Erneuerung.