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Wir brauchen eine Politik der Suffizienz!

Zwischenruf von Uwe Schneidewind

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"Gutes Leben" ist auf den ersten Blick etwas, das uns nur ganz persönlich betrifft. Denn am Ende kann nur jeder für sich entscheiden, was ihr oder ihm besonders wichtig im Leben ist. Und zurecht reagieren wir sensibel, wenn wir diese Freiheit bedroht sehen. Der Ruf nach politischer Rahmung unserer individuellen Lebensgestaltung wird schnell als "Zwangsstaat" oder "Ökodiktatur" verteufelt. Doch ganz so einfach ist das Verhältnis von Individuum und Politik nicht.

Politik zielt darauf, das Zusammenleben von Menschen in einer allgemein verbindlichen Form zu regeln. Eine gute Politik sorgt dafür, dass die Entfaltung von individueller Lebensführung möglich wird, ohne die Lebensentwürfe anderer einzuschränken. Eine gute Politik schafft Möglichkeitsräume für gutes Leben. Wie schnell Möglichkeitsräume für die einen zur Beschränkung anderer werden können, zeigt die Verkehrspolitik: Autogerechte Innenstädte mit breit ausgebauten Straßen sind hilfreich für Autofahrer, in aller Regel aber behindernd für diejenigen, die sich mit dem Fahrrad oder zu Fuß in der Stadt bewegen wollen. Politik muss hier einen Ausgleich schaffen. Gute Politik schafft die Grundlage dafür, dass sich eine möglichst große Zahl individueller Lebensentwürfe entfalten kann.

Vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen brauchen wir eine Politik, die genügsame Lebensstile einfacher macht, eine Politik, die ein "Weniger", "Langsamer", "Näher" und "Persönlicher" erleichtert statt es zu erschweren. Darauf zielt die Idee einer "Suffizienzpolitik". Es wird Zeit, dass sie einen Platz in der politischen Debatte bekommt.

Uwe Schneidewind ist Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Zusammen mit Angelika Zahrnt hat er kürzlich das Buch "Damit gutes Leben einfacher wird. Perspektiven einer Suffizienzpolitik" veröffentlicht.

 

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Beitrag von Arno Gahrmann