Erfüllter leben


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Bewusst(er)leben

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Ein Gespräch mit Josef A. Holzer

Es ist nicht unbedingt leicht, in die Fußstapfen eines berühmten Vaters zu treten. Aber Josef Andreas Holzer arbeitet seit der Übernahme des elterlichen Hofs im Lungau hart daran, mit seinem jungen Team das Erbe seines Vaters zu erweitern und auszubauen: Permakultur und alternative Landwirtschaft möchte Josef Holzer junior den Menschen nicht nur nahebringen, er sieht sie auch als Studienobjekt für das Verstehen von Leben und Dasein ganz allgemein. Über alle Grenzen hinweg, die Wissenschaft oder Berührungsängste einem ganzheitlichen Denken ziehen mögen.

Was bedeutet für Sie eigentlich „Permakultur“?

Für mich baut die Permakultur auf drei Säulen auf: Erstens die Natur als Vorbild - ich versuche Naturabläufe zu verstehen und sie in landwirtschaftliche Bewirtschaftung zu übersetzen. Das zweite Prinzip baut auf dem ersten auf - wir versuchen, Stoff- und Energiekreisläufe in der Landwirtschaft zu betreiben und mit dem zu wirtschaften, was das Land hergibt und damit auszukommen. Die dritte Säule ergänzt die ersten zwei - ich muss das, was ich mache, verantworten. Wenn ich Fehler mache, muss ich sie hinterfragen und gegebenenfalls dagegen steuern. Ich kann z.B. kein Bauer sein, wenn ich nicht beurteilen kann, ob mein Boden besser wird, schlechter wird oder gleich bleibt. Und wenn er schlechter wird, muss ich etwas tun. Das Argument, ich könne das aus ökonomischen oder preislichen Gründen nicht, lasse ich nicht gelten. Ich glaube, es ist eine Ausrede zu sagen, man sei vom System gezwungen, etwas zu tun oder nicht zu tun. Wir machen es dem System zu leicht. Es gibt keine stichhaltigen Argumente dafür, sich zu verbiegen. 

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Was soll ein Besucher vom Krameterhof mitnehmen?

Er soll sehen, dass vieles möglich ist. Ich versuche den Leuten zu zeigen, was ich mache. Ich versuche zu erklären, dass es keine Patentrezepte gibt. Dass man sich selber mit den Dingen auseinandersetzen muss. Dass jede Lösung eine individuelle Lösung ist. Gerade auch im alternativen Bereich suchen die Leute gerne nach einfachen Antworten auf komplexe Fragen. Denken kann ein schmerzhafter Prozess sein, aber da muss man durch, das muss man wollen. Und ich möchte den Leuten zeigen, dass jede individuelle Situation unterschiedlich ist - Boden, Klima, Ressourcen, auch die Menschen selbst. Dass jeder andere Vorlieben mitbringt, andere Stärken und Schwächen, und sie mit einbringen muss.

 

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Wie steht es um die Vernetzung ganzheitlicher und nachhaltiger Sichtweisen in Landwirtschaft, Energieversorgung usw.?

Meiner Meinung nach nicht so gut. Es gibt in diesen Bereichen viele verschiedene Ansätze, die objektiv betrachtet nicht weit voneinander weg sind. Es gibt viele Gruppen und Denkschulen. Sie sind aber sehr auf sich selbst bedacht. Jeder kocht sein eigenes Süppchen. Man redet kaum miteinander, auch weil manche ihrer Eitelkeit den Vorrang vor der Sache geben. Die Vernetzung mit der Wissenschaft ist ebenfalls schwach, obwohl es dort viele aufgeschlossene Forscher gibt. Wir können aus dem alternativen landwirtschaftlichen Ansatz zeigen, dass die Dinge sehr stark miteinander verbunden sind, dass wir deshalb einen ganzheitlicheren Ansatz brauchen. Ich möchte gerne mehr mit der Wissenschaft zusammenzuarbeiten. 

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Was muss ein ganzheitliches Zusammenwirken von Mensch und Natur in Zukunft leisten?

Wir müssen unsere Ressourcen erhalten und uns ernähren, aber auch ein bisschen zurückstecken können. Wenn wir uns darauf reduzieren zu sagen, wir können anbauen, wir können uns regionale Lebensmittel und Nahrungssouveränität leisten, wir wollen unser know-how und unsere Techniken erhalten, dann würden wir auch schnell eine nachhaltige Produktion haben.

 

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Was bedeutet für Sie „Bewusstsein“ - und wie kann man es pflegen?

Es ist wichtig, mir bei meiner täglichen Arbeit bewusst zu sein, was ich tue. Mir meines Einflusses bewusst zu sein - und welchen Einfluss meine Arbeit und mein Umfeld umgekehrt auf mich haben. Ich kann etwas nur gut machen, wenn ich es gern mache. Das ist das Entscheidende. Und - wenn man sich mit der Natur auseinandersetzt, mit Pflanzen und Tieren, dann wird einem schnell klar, dass jedes Gegenüber eine Art Bewusstsein hat. Tiere sind keine lebenden Maschinen. Das ist absurd. Sobald ich mich ein wenig darauf einlasse, sehe ich, dass jedes Tier eine Persönlichkeit hat - ergo auch Bewusstsein. Wenn ich eine Pflanze verletze, reagiert die Pflanze auf die Verletzung. Pflanzen kommunizieren miteinander. Alles Lebende interagiert und kommuniziert. Wenn wir da weiter forschen, werden wir eventuell herausfinden, dass es sich eben auch in irgendeiner Weise bewusst ist. Das wiederum führt natürlich zu Verantwortung und relativiert die eigene Position ein bisschen. Wenn ich mir ansehe, wie gleichgültig mit Tieren, Pflanzen, Ökosystemen und Lebensräumen gearbeitet wird, brauche ich mich nicht zu wundern, wenn das ins Zwischenmenschliche abfärbt. Es ist wichtig, dass man sich wieder über Werte und Wertigkeiten klar wird, wenn man weiß, dass alles Lebende, mit dem man zu tun hat, auf seine Art ein Bewusstsein hat.

www.krameterhof.at

(Photos: copyright Krameterhof)

(Nikolaus Wiesner, April 2016)