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Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Fortschritt – Möglichkeiten und Grenzen der Entkopplung

Am Montag, den 24. September 2012 stellte die Projektgruppe drei der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" die ersten sechs Teile ihres Abschlussberichts zu den Möglichkeiten und Grenzen der Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch vor. Teil sieben, der Handlungs- und Politikempfehlungen enthält, soll im November nachgereicht werden.

Die Kernbotschaft des Berichts lautet: Der Kampf gegen den Klimawandel und den Ressourcenverbrauch ist durch effizientere Technologien und die Umstellung auf Green Growth allein nicht zu gewinnen. Vielmehr sind nachhaltige Sicht- und Verhaltensveränderungen erforderlich, um Wachstum und Ressourcenverbrauch absolut zu entkoppeln.

Vor allem der bislang unterschätzte Rebound-Effekt macht Effizienzgewinne wieder zunichte, da effizienzbedingte Kosteneinsparungen durch Mehrverbrauch häufig aufgezehrt werden. Im Bericht wird zwischen direktem und indirektem Rebound unterschieden. Der direkte Rebound stellt sich ein, wenn eine Energiesparlampe länger eingeschaltet bleibt oder ein benzinsparendes Auto häufiger gefahren wird. Um einen indirekten Rebound handelt es sich, wenn ein Hausbesitzer Geld durch die Wärmedämmung seines Gebäudes spart und dieses in eine Emissionen verursachende Flugreise investiert. Eine weitere Herausforderung stellen die sogenannten Problemverlagerungen dar. So wird zwar durch den Einsatz von Biosprit der Emissionsausstoß gesenkt, doch zugleich aufgrund großflächiger Monokulturen, die für Mais oder Raps angelegt werden, die Artenvielfalt reduziert. Darüber hinaus wird die Produktion wertvoller Lebensmittel von fruchtbaren Anbauflächen verdrängt, was die Preise für Lebensmittel steigen lässt. Dies trifft vor allem die ärmsten Bevölkerungsschichten.

Grundsätzlich müssen laut Bericht soziale Fragen stärker beachtet werden. Bei der Verfolgung des Ziels, ökologische Leitplanken, wie das 2-Grad-Ziel für die Begrenzung der Erderwärmung, einzuhalten, dürfen "soziale Leitplanken" nicht außer Acht gelassen werden. Denn die Bevölkerung werde zu dem erforderlichen Bewusstseinswandel nur bereit sein, wenn die sozialen Folgen ökologischer Maßnahmen abgefedert werden.

Die Autoren plädieren auch deshalb dezidiert für einen Bewusstseinswandel, weil die natürlichen Ressourcen in naher Zukunft nicht so knapp werden dürften, dass sie Verhaltensveränderungen erzwingen. Der Bericht geht davon aus, dass die Vorräte, beispielsweise an Kohle, mittel- bis langfristig gesichert sind, da steigende Preise bislang unrentable Vorkommen attraktiv werden lassen. Lediglich beim Öl sei in näherer Zukunft eine Verknappung zu erwarten. Bewusstseinswandel und politische Begrenzung der Ausbeutung sind Vorraussetzung dafür, dass die vorhandenen Ressourcen gar nicht erst abgebaut werden. Dies dürfte vor allem in Ländern mit hohen Rohstoffvorkommen auf Widerstand stoßen, da hier materieller Wohlstand häufig auf der Ausbeutung dieser Ressourcen beruht und diese Ausbeutung vorübergehend ein Ausweg aus Armut ist. Um die Wirtschaft in diesen Ländern zu diversifizieren und auf ein breiteres Fundament jenseits des Ressourcenabbaus zu stellen, wären erhebliche Transfers der früh industrialisierten Länder erforderlich.

Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität (2012), Projektgruppe 3: Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Fortschritt - Möglichkeiten und Grenzen der Entkopplung, Berlin, 201 S.