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Die Ökonomie von Gut und Böse

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"Was ist die Ökonomie? Welchen Zweck hat sie? Woher kommt diese "neue Religion", wie sie manchmal genannt wird? Welche Möglichkeiten hat sie, welche Grenzen und Beschränkungen (sofern es überhaupt welche gibt)? Weshalb sind wir so stark von einem ständigen Wachstum des Wachstums und des Wachstums des Wachstums abhängig? Woher stammt die Idee des Fortschritts und wohin führt sie uns? Weshalb werden so viele ökonomische Debatten von Besessenheit und Fanatismus geprägt? Das sind alles Fragen, die nachdenkliche Menschen sich stellen müssen, doch die Antworten kommen nur selten von den Ökonomen. Die Mehrheit unserer politischen Parteien handelt aus einem engen materialistischen Blickwinkel heraus. In ihren Programmen präsentieren sie zuerst die Ökonomie und das Finanzwesen; die Kultur finden wir irgendwo am Schluss, als Anhängsel, als Trankopfer für ein paar Verrückte. Ob sie nun rechts oder links stehen - die meisten von ihnen akzeptieren und verbreiten bewusst oder unbewusst die marxistische These von der ökonomischen Basis und dem spirituellen Oberbau.

Vielleicht hangt all das damit zusammen, dass die Ökonomie als wissenschaftliche Disziplin oft irrtümlicherweise als bloße Buchführung betrachtet wird. Aber was nutzt die Buchführung, wenn sich doch vieles von dem, was unser Leben beeinflusst, schwer oder gar nicht berechnen lasst? Ich frage mich, was Ökonomen dieses Schlags tun würden, wenn man ihnen die Aufgabe übertragen würde, die Arbeit eines Sinfonieorchesters zu optimieren. Wahrscheinlich würden sie alle Pausen in Beethovens Konzerten streichen - sie sind ja schließlich zu nichts gut, sie halten nur den Lauf der Dinge auf, und die Mitglieder des Orchesters können doch nicht dafür bezahlt werden, dass sie nicht spielen.

Der Autor reißt durch seine Fragen Stereotype nieder. Er versucht, aus der engen Spezialisierung auszubrechen und die Grenzen zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen zu überspannen. Expeditionen über die Grenzen der Ökonomie hinaus, die Erforschung ihrer Verbindungen zur Geschichte, Philosophie, Psychologie und zu alten Mythen, sind nicht nur erfrischend, sondern auch notwendig, wenn wir die Welt des 21. Jahrhunderts verstehen wollen. Das Buch ist zudem gut lesbar, auch für Laien; die Ökonomie wird hier zum Weg zu großen Abenteuern. Wir finden zwar nicht immer eine exakte Antwort auf die Frage nach ihrem Zweck, aber zumindest weitere gute Grunde dafür, noch eingehender über die Welt und die Rolle des Menschen in ihr nachzudenken."

Quelle: Carl Hanser Verlag, Vorwort

Tomáš Sedláček (2012), Die Ökonomie von Gut und Böse, München, 447 S.