Bescheidenheit. Für eine neue Ökonomie
"Mit seinem Buch 'Die Ökonomie von Gut und Böse' machte Tomáš Sedláček Furore - in Deutschland, aber auch international. In seinem neuen Buch liest der 'Kobold unter den farblosen Ökonomen' seiner Zunft die Leviten: Zusammen mit dem Mathematiker David Orrell kritisiert er den blinden Glauben vieler Ökonomen an mathematische Modelle, die offensichtlich nichts taugen und uns ins Verderben geführt haben: statt mehr Sicherheit zu bringen, haben sie unsere Welt riskanter gemacht. Nun werden wir erdrückt von Schulden - und daran werden auch die immer hektischer aufgespannten Rettungsschirme nichts ändern. Sedláček fordert etwas Unzeitgemäßes und gerade deshalb sehr Aktuelles: mehr Bescheidenheit."
In dem vorliegenden Gespräch von Sedláček und Orrell mit dem tschechischen Journalist Roman Chlupatý kritisieren die beiden Wirtschaftsexperten die "Mainstream-Ökonomie". Ökonomen seien zu sehr auf ihre Modelle fokussiert und ließen dabei wichtige Aspekte der Realität außer acht. Neben unrealistischen Annahmen zur angeblichen Entscheidungsfreiheit und Rationalität des Homo Oeconomicus gilt dies unter anderem für die Vernachlässigung von Machtstrukturen.
Die beiden Experten plädieren daher für eine Abkehr von der religiösen Verehrung ökonomischer Mythen. Dazu gehörten beispielsweise die Fokussierung auf Maßzahlen wie das BIP oder Prognosen über dessen Entwicklung. Die Konzentration auf diese Details führe dazu, dass die Veränderung einer ohnehin ungenauen Prognose um wenige Zehntelprozentpunkte das Wohlbefinden von Menschen beeinflusst. Wichtigere Themen wie die Ursachen der Finanzkriese und ihre Lösung, die Belastung der Umwelt oder die psychologischen Auswirkungen der beschleunigten Welt würden ignoriert unter der falschen Annahme, dass Wachstum diese Probleme lösen werde. Dieser Glaube, dass wirtschaftliches Wachstum überlebenswichtig und zudem naturgegeben sei, müsse überwunden werden.
Quelle: Hanser-Verlag
Sedláček, Tomáš/Orrell, David (2013), Bescheidenheit. Für eine neue Ökonomie, München, 117 S.